Am letzten Dienstag war ich mal wieder in Peters' Bakery, in der Offenbacher Friedrichstraße zu Gast. Das ist immer ein Erlebnis und einfach schön, dass die alte Backstube mit ihrem hübschen Pfeffer und Salz-Boden seit über 100 Jahren genutzt wird. Inzwischen ist sie ein kleiner Kunstraum geworden und derzeit laufen dort wieder kunsthistorische Vorträge von Ulrike Kuschel (Künstlerpaare II). Das sind ganz besonders erhellende und angenehme Abende, die nicht nur mit interessanten Informationen und Betrachtungen über künstlerische Beziehungen erfreuen, sondern auch mit passenden Leckereien, die eine schöne Atmosphäre stiften. So gab es diesmal Tee aus dem Sarmowar, "Cigarettes Russes"-Kekse und Pumpernickel mit Lachskaviar,kredenzt von der Hausherrin Doris Peters.
Als erstes Künstlerpaar standen Natalia Gontscharowa und Michail Lorianow auf dem abendlichen "Lehrplan". Die Kunsthistorikerin Ulrike Kuschel stellte das russische Avantgarde-Künstlerplaar anhand beider Biografien und Werke vor und zeigte anschaulich, wo sich beide gegenseitig inspirierten und unterschieden. Ihre Verbindung war im Unterschied zu anderen nicht von Konkurrenz, sondern eher von gegenseitiger Anregung und Arbeit geprägt. Beide Künstler arbeiteten viel mit Elementen der russischen Volkskunst und werden meist dem russischen "Neoprimitivismus" zugerechnet - allerdings befassten sie sich mit verschiedensten Strömungen, wie dem Impressionismus oder Kubismus, sodass ihre Werke und besonders die der Gontscharowa, stilistisch überhaupt nicht eindeutig in eine Epoche einzuordnen sind. Später entwickelten sie sogar einen eigenen abstrakten Stil - den "Rayonismus".
Als Folge der politischen Veränderungen durch den Ersten Weltkrieg in Russland, gingen die beiden 1918 nach Paris und zogen in die Rue de Seine, Ecke Rue Jacques Callot, wo sie bis zu ihrem Lebensende lebten. In Paris arbeiteten sie unter anderem auch viel für das Theater. So schufen sie sehr fantasievolle Kostüme und Bühnenbilder für das Ballet Russe. Natalia Gontscharowa ist spätestens seit 2007 eine feste Größe der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, als nämlich im Londoner Auktionshaus Christie's eines ihrer Gemälde mit einem Rekordpreis von fast zehn Millionen Dollar versteigert wurde. Michael Larianow dagegen ist den meisten heute hauptsächlich durch seine Frau bekannt - eine Seltenheit, besonders in der Malerei.
Wenn ich im nächsten Monat in Paris bin, werde ich ein bisschen auf den Spuren der beiden wandeln. Und bis dahin gibt es noch weitere interessante Künstlerpaare in Offenbach zu entdecken, wie Sonja und Robert Delaunay, Frida Kahlo und Diego Rivera oder Anna und Bernhard Blume.