Freitag, 16. Juni 2017

Ich sitze im Caffè Cuore und schreibe über „responsive“ und SEO


Ich sitze in einem hässlich regenbogenbunten Haus auf der Frankfurter Straße, in dem sich das wilde Herz Offenbachs befindet, das Caffè Cuore. Gitarren hängen von der Decke und ein Sammelsurium von Stühlen und Tischen aller Gattungen umrahmt mich. Franco ist hier der Innenarchitekt und er folgt keinem Trend, sondern seiner Intuition – deshalb fühlen sich Menschen aller Nationen hier wohl. Der schöne Daniel aus Kuba mit den langgliedrigen Fingern an der Gitarre und Enzo mit der Rockerstimme oder Diana, die kleine schwarzhaarige Göttin aus Sizilien.

Aber, zur Sache: Alle reden von „responsive“ und ich habe in der letztenZeit ein paar Artikel zu dem Thema verfasst. Das hat mir deutlich vor Augen geführt: Responsive Webdesign ist wichtig für alle, die eine eigene Website betreiben. Denn das bedeutet, dass diese auf allen Endgeräten gut lesbar angezeigt werden und man sie vom Smartphone oder Tablett auch einfach und bequem bedienen kann.

Ich weiß ja, dass meine eigene Homepage nur sehr bedingt responsive ist und habe deshalb mit einem Google-Tool (Search Console) https://search.google.com/test/mobile-friendly?utm_source=mft&utm_medium=redirect&utm_campaign=mft-redirect&hl=de mal die Probe aufs Exempel gemacht – es war schlimmer als ich dachte:

Unbarmherzig stand da:

Die folgenden 3 Probleme sind zu beheben

  • Anklickbare Elemente liegen zu dicht beieinander
  • Darstellungsbereich nicht festgelegt
  • Text ist zu klein zum Lesen

Letzteren Punkt hatte ich selbst schon bemerkt. Laut Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom nutzen in diesem Jahr 8 von 10 Deutschen ein Smartphone (54 Millionen Menschen). Mal ganz abgesehen von den anderen Endgeräten. Das bedeutet, dass wir schon heute die meisten Webseiten mobil von unterwegs aus aufrufen. Und ich sehe es ja an mir selbst: Ich sitze im Café oder zu Hause im Höfchen und schon wird mal schnell eine Webseite gegoogelt, zum Beispiel von der Offenbach Post oder von der Käserei L’Abbate oder vom Frankfurter Größenwahn Verlag – ja und da kann man angenehm lesen und anklicken, was einen interessiert. Mal ehrlich, wer geht dafür immer noch an den stationären Rechner – oder wer hat überhaupt noch einen?

An unserer Nutzung wird also deutlich, dass Responsive Webdesign nicht irgendein Trend ist. Studien unterschiedlicher Marktforscher belegen, dass immer mehr Tablets und Smartphones gekauft werden.

Gleichzeitig wird auch der Kampf um die ersten Plätze bei Google immer härter. Webseiten, die täglich mit neuen Inhalten bestückt werden – und häufig aufgerufen werden, erscheinen weiter oben im Ranking. Dazu zählen beispielsweise die Newsseiten der Zeitungen.

Das bedeutet, dass Responsive Webdesign auch Einfluss auf die Suchmaschinenoptimierung hat – genauso wie aussagekräftige Inhalte, die gesucht und gelesen werden, weil sie einen Mehrwert bieten. 

Wenigstens mein Blog ist schon responsive - weil extra und Wordpress.


Dienstag, 13. Juni 2017

Frische Worte aus der Eisfabrik - entschieden im Plank

Neulich im Mai hatte ich so einen Tag in Frankfurt mit vielen Terminen und zwischendurch einer Stunde Atempause. Die verbrachte ich im Plank, weil ich zwischen Bockenheim und Sachsenhausen hin- und hermusste. Das Plank Münchener/Ecke Elbestraße im Bahnhofsviertel gelegen, ist tagsüber nämlich ein sehr nettes Café. Es bietet Ruhe, W-LAN und die besten portugiesischen Törtchen, die man sich vorstellen kann. http://frankfurt-bahnhofsviertel.de/guide/8845/bars-clubs/74065/plank




 

Eigentlich hatte ich andere Themen zu bewältigen, aber ich hatte auch eine Entscheidung zu treffen. Nämlich, ob ich mit meinem Büro umziehen sollte, in ein anderes Domizil. Denn mein Untermieter hatte mir gekündigt und es tat sich an anderer Stelle eine tolle Möglichkeit auf. In einem hübschen hellen Ziegelsteinbau, ruhig gelegen und doch voll im Leben, war eine Etage frei geworden. In der Eisfabrik - die einige vielleicht von den Kunstansichten her kennen, von hochkarätigen Fotoausstellungen rund um René Spalek http://www.eisfabrik.info/eisfabrik/. Die Alternative wäre gewesen, mich zuhause mit meinem Schreibtisch einzurichten. Aber irgendwie wollte er da nicht so recht reinpassen, weder gedanklich noch nach Maß. 

Ich setzte mich also bei verheißungsvollem Blau ins Plank und schrieb Vor- und Nachteile auf. Dann telefonierte ich mit einer wichtigen mir zugetanen Person. Die sagte einen entscheidenden Satz: Ich glaube, dass dieser Umzug Dich größer macht, in Deiner Kreativität. Damit war doch eigentlich alles gesagt. Der Schreibtisch in der Wohnung würde meine Kreativität bestimmt nicht größer machen. 

Außerdem war es mein erster Impuls, als ich die Anzeige auf Facebook gelesen hatte: Dort mein Glück zu versuchen, denn so etwas hatte mir immer vorgeschwebt. Inzwischen ist der Vertrag unterschrieben und erste Messungen sind erfolgt. Ab August gibt es frische Worte aus der Eisfabrik. 

Und was für ein wunderbarer Nebenumstand: In der Eisfabrik wurde Speiseeis fabriziert. Italienisches. Von der Firma Rudella. Romollo Delaidotti war einer der ersten italienischen Einwanderer in Offenbach. Im Café seines Bruders, dem Delaidotti, war ich als Kind noch gewesen und dort wurde meiner Tante ein wertvoller Kamelhaarmantel vertauscht - aber das ist eine andere Geschichte. 

Mittwoch, 22. März 2017

Café Puschkin - oder alles begann in Leipzig

Immer mal wieder werde ich gefragt, ob denn meine Großmutter aus Wien stammte - und sehe dann manchmal enttäuschte Augen, wenn ich das verneine. Meine Großmutter (mütterlicherseits) stammt tatsächlich aus Leipzig. Sie hat dort in eine Kürschnerfamilie eingeheiratet https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Erler und bewohnte ein großes Jugendstilhaus in der Nikolaistraße

Aber wie bist du denn dann auf Wien gekommen?, fragen sie weiter. Tja, mein Buch "Eine ungeplante Reise nach Wien" ist ein Roman - und da ist vieles möglich. Viele Leser scheinen sich zu fragen, wie Fiktion entsteht. Die macht der Kopf beim Schreiben. 

Wie die meisten Autoren habe in meinem Roman autobiografische Details verwendet, denn die kennt man besonders gut, kann daraus anschauliche Bilder entstehen lassen. So gibt es Erinnerungssplitter, die in meinen Schreibfluss kamen, wie beispielsweise das Aussehen meiner Großmutter und ihre Heirat mit einem Pelzfabrikanten, denn dies waren die Mitglieder der Familie Erler und deren Partner in Leipzig. Auch vom Lebenswandel meiner Großmutter, die eine kleine Femme Fatale war, ist einiges eingeflossen - und zwar, weil sie meine Fantasie schon in Kindheitszeiten angeregt und mich inspiriert hat. Meine Großmutter hatte das Zeug zur Romanheldin - das war mir schon früh klar, wenn ich in ihrem Schlafzimmer an den Parfümfläschchen schnupperte (allesamt bekannte Düfte, wie ich erst später lernte) oder ihren Kleiderschrank durchkämmte und mir den Ozelot-Hut aufsetzte (leider weiß ich nicht, wo er geblieben ist). Und sie war 1912 geboren, kurz vor dem Ersten Weltkrieg. 

In der Zwischenkriegszeit und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war sie eine junge Frau mit allen Widersprüchen der Zeit in sich drin. Sie heiratete mit 26 eben jenen Pelzhändler - und erzählte mir später, wie sie sich ihn "geangelt" hatte. Das war nicht der herkömmliche Ton einer Großmutter, soviel war klar - sie war eine illustre und sehr selbständige Frau, die ich bewunderte. Vielleicht hat sie mit ihren Geschichten sogar meinen Erzähltrieb geweckt. 

Ihr Mann, mein Großvater, den ich nie kennengelernt habe, war eine Art Aussteiger und wollte dem Pelzhandel abschwören. Dazu gingen die beiden ins Kleinwalsertal nach Hirschegg, wo sich die Fuchsfarm der Firma befand. Ein Glück für meine Großmutter, die dort oben auf dem Berg wenig mitbekam von Kriegswirren und Gräueltaten. 




Meine Mutter allerdings wurde in Österreich geboren - und so kam irgendwann Wien ins Spiel, weil das ihre Lieblingsstadt war. 

Auch als sie schon in Offenbach am Main wohnte und mit meinem Vater verheiratet war, konnte sie am Telefon, wenn Verwandte anriefen, leicht in den Walser-Dialekt wechseln. Diese süddeutsche Färbung des Deutschen war mir seit Kindertagen vertraut. Meine Mutter hatte also eine Bindung zu Österreich und meine beiden Eltern machten es sich zur Gewohnheit, einmal im Jahr nach Wien zu reisen. So bekam ich von dort allerhand mit - besonders auch die Musik, die mein Vater auf CDs mitbrachte. Ich selbst bin erst relativ spät über die Recherchen zu meiner Magisterarbeit, die sich mit den Autobiografien deutscher Exilschriftstellerinnen befasste zu Recherchen immer wieder nach Wien gekommen. 


Aber Wien hat es mir natürlich gleich angetan, mit seinen Kaffeehäusern und seiner Wertschätzung der Musik und überhaupt der Künste. Aber auch seine Ambivalenz: Die prächtigen Straßen und die kleinen vernachlässigten Gassen. Die Stadt tanzt überschwänglich Wiener Walzer und melancholisch die langsame Version davon. Und schließlich, es ist eine Stadt voller Geschichte und Geschichten - der Stadt Leipzig gar nicht so unähnlich fand ich, als ich Anfang der Neunziger Jahre zum ersten Mal in der Nikolaistraße war und auch das Haus meiner Großmutter zum ersten Mal sah. 

Viele dieser Aspekte sind in meinen Roman eingeflossen und haben sich zu einer ganz eignen Geschichte entwickelt. 

Ich habe mich sehr gefreut, das erste Mal in Leipzig zu lesen, auf der Messe, am Stand des Größenwahn Verlags und abends im schönen Café Puschkin, wo echt die Hütte voll war, so das keiner mehr rein und raus konnte. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei meinen Mitleserinnen vom Konkursbuchverlag. Die Texte waren alle super! Und super vorgetragen! 


Das alles hat große Lust gemacht, weiterzuschreiben an der Wiener Geschichte von Judith und Leo...Ich bin gespannt, was noch passiert.

Montag, 13. März 2017

In Wien um den Naschmarkt herum

Als ich Mitte Februar in Wien war, bin ich auch nochmal über den Naschmarkt geschlendert. Die goldene Blütenkuppel der Seccession und der Markt selber sind bei schönem Wetter einfach ein Muss. Ich war zunächst ein wenig verwirrt, weil ich den Würstelstand der Rosi vom Naschmarkt nicht gefunden habe - und auch ein wenig betrübt - weil er vielleicht nicht mehr "In" ist. Aber auf so Allerweltsgerichte wie Gnocchi mit Gorgonzola oder Karottensüppchen mit Ingwer hatte ich keine Lust. Ich wollte meine fettigen Käsekrainer, die bei Kälte ein durchaus nahrhaftes Mittagessen sein können.

Wenn es schon die Käsekrainer nirgends gab, wollte ich wenigstens das sonnigste Plätzchen und so setzte ich mich an einen Zweiertisch, bestellte mir einen Weißgespritzten und Börekröllchen - sind halt vegetarische Käsekrainer, dachte ich mir. An meinem Wein nippend lauschte ich ein paar Bobos, die am Tisch neben mir Platz genommen hatten und durch ihre großen Sonnenbrillen blinzelten. Sie bekamen ebenfalls große Gläser mit Apérol Spritz und weideten sich am Anblick des trendigen Getränks, zücken ihre iPhones und wollten gern posten, damit ihre Freunde neidisch auf ihr Leben blicken sollten. Aber sie waren nur in der Mittagspause - und der Chef nicht. Das wäre nicht gut für die Karriere gewesen - also lieber das Selfie verkneifen. Schad' drum!

 



Ich aß derweilen genüsslich meine Börekröllchen und bewunderte eine hübsche arabisch aussehende Kellnerin mit Lockenhaar und Wiener Schnauze oder sagt man hier Schnaberl? Wenig später stand ich auf und ging meiner Wege Richtung Schleifmühlgasse, die eine meiner Lieblingsgassen ist, wegen der schönen Lädchen. Im Vorbeigehen kaufte ich bei einem traditionellen Gewürzstand eine wunderbare Gewürzmischung mit Namen "Marrakech" und bog bald darauf in die Schleifmühlgasse ein. Wie schon beim letzten Mal lockte mich die schöne Auslage des Konzeptlädchens http://www.mimimandl.at aus Küchenaccesoirs und Büchern. Ich ging hinein und kaufte ein wunderschönes kleines Büchlein über Rote Rüben aus dem Mandelbaum Verlag http://www.mandelbaum.de/books/763/page/1/, den ich im letzten Jahr auf der Buchmesse kennengelernt hatte. Als ich dem Verleger mein Buch gezeigt hatte, rief er aus: Und genau in dem Haus auf ihrem Cover sitzen wir! Mit der einen Betreiberin des Ladens Mimi Mandl in der Schleifmühlgasse sprach ich und schlug ihr vor, bei ihr (im Planet Buch https://www.facebook.com/planetbuch/) meine nächste Lesung aus meinem Roman "Eine ungeplante Reise nach Wien" zu veranstalten http://groessenwahn-verlag.de/shop/belletristik/eine-ungeplante-reise-nach-wien/. Ein schöner Sessel steht dort schon bereit.



Weiter lenkte ich meine Schritte an einem wirklich tollen Vintage-Laden vorbei. Mein Traum ist es, mir bei Flo Vintage 
http://www.flovintage.com einmal ein Originalkleid aus den Zwanzigern zu kaufen. Das wird wahrscheinlich eine Anschaffung sein. Ich ging diesmal nicht in den Laden hinein, weil zu gefährlich. Das letzte Mal habe ich dort ohne feste Absichten eine sehr originelle Halskette gekauft, die ich bei der Premierenlesung im Wiener Bücherschmaus ausführte.


Nicht vorbeigehen konnte ich an einem ganz besonderen Café, mit Namen Vollpension http://www.vollpension.wien. Der Name ist Programm, denn es wird betrieben von Damen und Herren im Ruhestand. Sie backen dort erstklassige Mehlspeisen nach altem Rezept in innovativen Öfen, die neonfarben von der Decke hängen - und verdienen sich so ein Zubrot. Die Kuchen und Torten kommen ganz frisch auf die Tische, die allesamt vom Flohmarkt zu stammen scheinen. Insgesamt ist das Mobiliar völlig bunt zusammengewürfelt - und vom Gobelin mit röhrendem Hirschen bis zum Nierentisch findet sich hier alles, was sonst niemand mehr haben will. In der Mischung ist es jedoch grandios gemütlich. Es herrscht Selbstservice, aber dafür gibt's auch freies W-LAN, weshalb die Vollpension auch sehr schön als Schreib-Café dienen kann. Ich aß eine frischen Apfelstrudel und zog dann weiter meines Weges.

Noch ein wenig weiter wollte ich in dieses Viertel vordringen, Richtung Margaretenstraße und Operngasse, die ich bei meinem letzten Besuch nur mit einem Blick gestreift hatte, die mir aber beide interessant schienen. Die Sonne spielte in Glasscheiben und der blaue Himmel krönte diese Ecke, die eher zu den unscheinbaren Ecken Wiens zählt. Die typische Jahrhundertwende-Bebauung ist hier durchmischt mit Häusern aus den Sechzigern und viele der kleinen Geschäfte wirken von den Auslagen her ein wenig chaotisch oder, wenn man mit liebendem Auge schaut, kreativ. Ein ebenfalls originelles Kaffeehaus, mit dem Namen "Point of Sale" lenkte meine Schritte nach links. Leider war mein Kaffeebedarf erstmal gedeckt, also weiter die Operngasse entlang. Eine wirklich originelle Auslage zog mich nach kurzer Zeit wieder in ihren Bann: Das Schaufenster war voller Knäule, die sich beim näheren Hinsehen als stoffummantelte bunte Kabel herausstellten. Eigentlich sah ich einen Wust von bunten Kabeln neben kleinen Lampen mit stilisierten Chinesen darauf, wohl Restbestände aus den Fünfzigern und Lampenschirme jeder Größe. Ich zögerte ein wenig, betätigte dann aber entschlossen die Klinke und trat ein. Der Ladenbesitzer fragte freundlich nach meinem Begehr und erklärte mir dann, dass sie die Kabelummantelung selbst machen, ebenso wie die Lampenschirme. Natürlich musste ich dort 2 Meter wunderbar blaugrünes Kabel kaufen. Zwar gibt es noch keine Lampe dafür, aber die kann ja noch kommen.




Nur wenige Meter weiter musste ich wieder meinen Schritt bremsen, vor einer ganz entzückenden Auslage: Miniaturtörtchen in Eisbechern mit Nüssen darauf, Orangeat oder Rosinen. Ein Schild klärte mich auf, dass es sich hier um einen französischen Teesalon handelte, mit Namen "Süssi"
http://www.suessi.at/tartes.html - vielleicht in Anspielung and die ehemalige Kaiserin. Auch hier musste ich das Innere bestaunen und es war wirklich ganz entzückend: Ein rotplüschiges Interieur, fast in Puppenhausgröße - oder jedenfalls für kleine, zarte Menschen gemacht, kleine Räume, kleine Sesselchen, eine Miniwendeltreppe nach oben. Ich kam aus dem Staunen kaum raus und kaufte dem verdutzten Betreiber zum Trost ein kleines Päckchen Tee ab. Damit endete mein Gang durch das neuerdings hippe Freihausviertel und ich wanderte durch die Faulmanngasse zurück zum Naschmarkt.


 


Montag, 20. Februar 2017

Buchhandlung Bücherschmaus: Mein Buch landet in Wien und die Wiener finden es nicht fad

Letzten Montag war es endlich soweit: Ich stellte meinen Roman "Eine ungeplante Reise nach Wien" (erschienen im Frankfurter Größenwahn Verlag http://groessenwahn-verlag.de/shop/belletristik/eine-ungeplante-reise-nach-wien/) ganz geplant in Wien vor. Und zwar in einer sehr schönen kleinen Buchhandlung im 6. Wiener Bezirk. Vielleicht würden manche virtuellen Leser den Wiener Bücherschmaus http://buecherschmaus.wien als "old fashioned" empfinden. Die zahlreichen Besucher aber fanden es sehr gemütlich dort und um kurz nach sieben passte schließlich keine Maus mehr in den kleinen Laden. Das lag natürlich hauptsächlich an Georg Schober, dem Betreiber und seiner Frau Petra, die hier die Reihe "Literatur am Montag" seit zwei Jahren etabliert haben - und an der feinsinnig literarischen Atmosphäre, die sie verbreiten.








Ich hatte auch ein paar Leute eingeladen und freute mich besonders, dass sie fern von meiner Heimatstadt hier erschienen waren. So saßen beispielsweise meine Großcousine Sybille, die in Wien lebt, mein früherer Arbeitskollege Marcus, meine liebste Zimmervermieterin in Wien mit ihren beiden Töchtern, Nicole und Michèle (von denen letztere ein entzückendes Geschäft mit frechen Täschchen in der Neustiftgasse führt: Violettesays http://www.violettsays.at), der Autor Jürgen Heimlich und Robert im Publikum, der die ganze Veranstaltung auf den Weg gebracht hatte. Sehr erfreut war ich, dass Irena David, die umtriebige Betreiberin des Photoblogs "Wien zu Fuss" https://www.facebook.com/wienzufussphotoblog/ auch in die Garbergasse 13, nicht weit vom Wiener Westbahnhof, gefunden hatte - und anschließend auf Facebook das kleine Ereignis in schönen Bildern veröffentlichte. Vielen Dank für die tollen Photos, Irena!
  



Eigentlich lese ich aus meinem Buch nun schon fast wie im Schlaf, diesmal aber, wo es darum ging, den Wienern ihre Stadt durch meine Protagonistin Judith vor Augen zu führen, war ich doch sehr aufgeregt. Besonders bei den einleitenden Worten, mit denen ich mich kurz vorstellte, flackerte mir die Stimme - und ich dachte: Nun lese ich hier also aus meinem Buch vor, diesen Text, der zu großen Teilen auch in dieser Stadt entstanden ist. Wie oft bin ich selbst durch die Gassen gelaufen, auf der Suche nach Ecken und Plätzen, die mir irgendwie bemerkenswert erschienen, so wie beispielsweise diese sich überlagernden Straßen "Wipplingerstraße" und "Tiefer Graben". Oft bin ich auch in meiner heimatlichen Schreibstube auf dem Stadtpan die Straßen abgelaufen und habe dann vor Ort nachgeprüft, ob alles stimmt. Dieses auf den Füßen durch die Stadt streifen hat viel zur Entstehung des Buches beigetragen. Es war wie ein immer tieferes Erspüren meiner Protagonisten. Wie und wo sie sich bewegten, hat viel damit zu tun, was sie im Innersten bewegt. 

Ich las das Kapitel "Hotel Orient" http://www.hotel-orient.at/index.php/das-orient.html und freute mich über die Reaktionen in den Gesichtern, manchmal auch kleinen Ausrufe, bei einem Satz, der überraschend schien. Zum Beispiel diese Äußerung von Leo: Eine renommierte Adresse für Untreue, das muss man sagen. Darauf Judith: Warst du schon mal hier? Leo wieder: Geh' das fragt man doch nicht. 

Solche kleinen Dialoge, an denen ich wieder und wieder gefeilt hatte, sie scheinen eine Wirkung zu haben, was manchmal ganz erstaunlich für mich ist, weil sie mir ja so vertraut sind. Eine Frage, die danach immer wieder auftauchte war, ob es im "Hotel Orient" wirklich so ausschaut, die ich nicht wirklich beantworten kann. Denn ich versuchte einmal als Einzelperson eine Nacht zu buchen, was mir nicht gelang. Allerdings war ich auch nicht allzu hartnäckig, weil dieses Ausschmücken in meiner Fantasie, so wie ich es mir darin vorstellte, auch seinen ganz eigenen Reiz hatte - und eine Inspirationsquelle war.

Es war unbeschreiblich schön, nach der Lesung noch mit meinen Wiener Zuhörern und Zuhörerinnen zu sprechen. Ein schönes Lob war es für mich, als eine Dame sagte: Wissen Sie, so eine Beschreibung eines gemeinsamen Essens, die kann so fad sein - aber in Ihrem Buch, ist das anders. 

Die von einer Besucherin selbst gebackene Sachertorte und die kleinen Bethmännchen, die ich mitgebracht hatte, taten ein Übriges, um die Herzen und Zungen zu lockern. Ich möchte mich bei allen Organisatoren und Besuchern der Veranstaltung herzlich bedanken und hoffe, dass es weitere Lesungen in Wien geben wird - bis dahin schwelge ich ein wenig in den schönen Bildern, die Irena jeden Tag auf Facebook postet - und denke immer mal wieder darüber nach, worin für mich der Zauber dieser Stadt liegt. Zum Teil wohl in diesem schön verlebten Antlitz, das so viele Geschichten erlebt hat und zu erzählen weiß. Das ist ja bei vielen Städten so - aber manchmal sind die Spuren dieser Geschichten eben besonders spürbar und besonders berührend - so ist das in Wien.



Dienstag, 3. Januar 2017

Berlin: Ein Fenster zur Stadt in der Brunnenstraße


Ich sitze in der Galerie Art von Frei in der Brunnenstraße und schaue raus. Mein Blick fällt auf Nr. 10 gegenüber mit der Aufschrift: "Dieses Haus stand früher in einem anderen Land" und den Hinweis zur U-Bahn-Haltestelle "Rosenthaler Platz". Rechts daneben ein kleines Leuchtschild mit dem Hinweis "Jewelry", links daneben ein Chinesenladen mit Tee und allerlei Heilmitteln. 

Es gehen Menschen vorbei, die mich nicht sehen. Sie sind beschäftigt mit sich selbst, denken an Dinge, die sie schnell erledigen müssen, obwohl das neue Jahr erst wenige Tage alt ist. Nur ein paar achten auf die Lichter in der Galerie, nur wenige bleiben stehen, um genauer zu sehen, was sich hier mit der Installation von Geet Chorley abspielt. Für mich ist das Licht eine Art Stimmungsbarometer. Es wechselt von Blau über Violett nach Weiß und Türkis zu Gelb und Rot. Das ist wie ein Tag im Zeitraffer oder sogar ein Jahr. Das Licht macht die Wintertage erträglich, macht sie irgendwie zauberhaft, lässt mich irgendwie denken an "die blaue Stunde", an Henry Miller und seine Beschreibungen von Paris. Er schrieb, dass die Stadt der Liebe vor allem eine graue Stadt sei. Diese Beobachtung kann man ebenfalls in Berlin machen. Berlin ist eine graue Stadt und die Menschen empfinden wohl auch irgendwie grau. Es ist anders als Wien. Wien ist vor allem eine goldene Stadt - und der Glanz ist fast überall zu spüren. In Berlin ist das Ungeschlachte, Unfertige, Unbeachtete überall zu sehen und schon die Vorsilbe "Un-" sagt ja so einiges aus. Aber Berlin kommt mir seit Jahren vor wie eine Stadt im ständigen Werden und das ist das Spannende daran, die ständige Wandlung. Am Rosenthaler Platz geht die Torstraße ab, eine große mehrspurige Straße, die eine Allee sein könnte oder ein Boulevard, aber dazu ist sie zu unwirtlich, wenngleich nicht uninteressant. Ich habe sie schon Abschnittsweise erkundet, war in einem Café und in einem Vintageladen mit sehr hübschen Taschen und einem charmanten Betreiber, in einem kleinen Laden mit einer japanischen Schneiderin, die aus alten Stoffen von überall aus der Weilt Halstücher macht und Stolen und Mützen und sogar Kleider. Diese Gegend hier links vom Rosenthaler Platz ist noch etwas rau, sie hat das Raue, das hier früher allgegenwärtig war.



 
                       
Wenn man weiter Richtung Hackesche Höfe läuft, wird die Straße schicker, da sind die Kanten abgeschliffen, die Fassaden neu verputzt, die Graffities getilgt, Rosenthaler heißt sie dann und die Coolness mit Fusion-Restaurants und hippen Boutiquen hat sich breit gemacht. Manche Läden sind auch wirklich originell wie der vietnamesische Burger-Imbiss "Sixtyseven Junkfood". Die Inneneinrichtung versetzt einen tatsächlich in eine Straße in Saigon, rote Lämpchen verbreiten warmes Licht, von der Decke hängt Wäsche und überall stehen große Gläser mit eingelegten Eiern, Zitronen, Chilis oder Gurken. Es geht dort auch so zu wie in einem vietnamesischen Imbiss, immer viel los, immer laut, immer irgendeine Speise gerade aus. Bei mir waren es die Rollen, die es nicht mehr gab, also aß ich einen Bun Bao Burger mit gebratenem Tofu. Er war ziemlich lecker und dazu leicht, weil aus Reismehl und ohne Fleisch. 







Wenn man weitere geradeaus äuft, ist es Richtung Mulackstraße immer noch recht interessant. Modeläden, die zum Stöbern anregen und weitere gastronomische Ziele, meist vietnamesischer und italienischer Provenienz. Das erste mal bin ich hier 1994 rumgelaufen, auf den Spuren von Joseph Roth und mit Seminarleiter Karl Kröhnke, den ich heimlich mit meiner Studienkollegin verfluchte, weil hier so wenig geblieben war von der damaligen Gaunermiljö-Atmosphäre und dem einstigen Auffangbecken für Einwanderer aus dem Osten. Aber das Raue, das war da und stellenweise blitzt das auch noch heute hervor und erzählt Geschichten. 

Wer davon mehr spüren möchte, muss sich nördlich halten und die Brunnenstraße zu den niedrigen Nummern hin ablaufen, also links meines Blickes aus dem Galeriefenster, vorbei am ehemaligen Warenhaus Jandorf. Die Bernauer Straße bildete früher die Grenze zwischen den Bezirken Mitte und Wedding, wo die Mauer verlief. Wer es bis zur Nummer 39 geschafft hat, kommt auch noch weiter, denn hier gibt es französische Patisserie vom Feinsten. Die Betreiberin und Patisserie-Meisterin Anna Plagnes kommt aus dem Elsass und war jahrelang bei Demel in Wien - also ist Berlin doch auch ein bisschen golden.