Durch dicke Flocken bin ich heute Morgen die Kaiserstraße hinunter gelaufen, froh in dem kleinen Café auf meinem Weg einen Stop einlegen zu können, bevor die Woche beginnt. Es ist kein besonderes Café, nur so ein einfaches Bäckereidings, wovon es im Grunde tausende gibt. Aber, hier hängt mein Bild, mein Lieblingsbild, meine ich: Die Dame mit Hut und Federboa von Klimt. Es hängt hier in einem dicken weißen Stuckrahmen und eigentlich sehr schön. Natürlich nur ein Kunstdruck. Es hängt hier eng mit anderen Replikaten, zu denen es gut passt. Derjenige, der es aufgehängt hat, dem hat es etwas gesagt, da bin ich mir sicher.
Es ist ein Bild aus dem vorletzten Jahrhundert - und doch ist es zeitlos. Der große blaue Hut und die schwarze Federboa etwas weiter unten geben ein Paar Augen mit schön geschwungenen Brauen, die obere Partie eines roten Mundes preis. Es ist eine Momentaufnahme, wie ein zufällig geschossenes Foto. Die Dame steht irgendwo in der Menge, vielleicht in einer Schlange vor einer Bäckerei und irgendetwas, eine fremder Blick, ein Rufen, eine kleine Melodie lassen sie aufblicken und weg ist die Anonymität, gewichen einer eigenartigen Intimität mit dem Betrachter des Bildes.
Dieser von Klimt aufgefangene Augenblick wirft ein wenig Schönheit, ein wenig Einzigartigkeit in dieses einfache Straßencafé, mit seinen Plastikblumen und ebensolchen Speisekarten auf den Tischen. Wenigstens diese mit Eisenfuß und Granitplatte sind wertig. Das Bild und diese traditionellen Kaffeehaustischlein sind der Grund, warum ich öfter hier hereinschneie. Und vielleicht bieten sie auch für die anderen Besucher einen Anreiz. Denn das Café ist trotz seiner Einfachheit gut besucht.
Von Leuten, die irgendwohin auf dem Weg sind oder die ein wenig Leerlauf haben, zwischen zwei Terminen. Dann spendet dieses Bild ein wenig Glanz aus einer anderen Welt. Es weckt vielleicht Erinnerungen, wie bei mir. Vielleicht hat es der Einrichtende gerade eben aus diesem Grund hier aufgehängt.